Fehlende Rätsel – Roman von Maria Teresa De Donato
Rezension von Giuseppe Storti
Die Römer hatten den Ahnenkult. Der „mos maiorum“,
wörtlich: die Bräuche der Ahnen, ist der Gründungskern der römischen
Zivilisation. Die Römer bewachten die Laren und Penaten eifersüchtig in ihren
Häusern. In jedem römischen Domus gab es Statuetten, die die Laren
symbolisierten, die die Familie beschützten. Während die Penaten Schutzgeister
der Nahrungsvorräte der Familie sind. Ein Kult, der vom Vater an den Sohn
weitergegeben wurde.
Das Buch von Dr. De Donato, das in seiner dichten
Handlung das Leben ihrer Vorfahren rekonstruiert, tut nichts anderes, als eine
Tradition und Kultur wiederzubeleben, die in der DNA der westlichen
Zivilisation verankert sind. Die Erzählung und Rekonstruktion der eigenen
Familienvergangenheit muss ausschließlich durch die Projektion der eigenen
Gegenwart in die Vergangenheit erfolgen. Bevor die Zeit ihre Spuren
unaufhaltsam verwischen kann. Wir sind nichts, wenn wir uns nicht daran
erinnern, was wir waren.
Die Rekonstruktion der Vergangenheit durch genealogische
Ahnenforschung stärkt die eigene Identität und lässt einen mit mehr Sicherheit
in die Zukunft blicken. Ja, denn nur wer auf eine solide Vergangenheit
zurückblicken kann, kann den Herausforderungen der Zukunft mit mehr Kraft und
Optimismus begegnen. Die talentierte Schriftstellerin reist wie in einer
imaginären Maschine durch die Zeit zurück und führt dazu genaue genealogische
Recherchen durch, kombiniert mit einer gewissenhaften Analyse der Persönlichkeit
und des Verhaltens ihrer Vorgänger. Sie untersucht sogar die Einflüsse, die den
Charakter und das Verhalten ihrer Vorfahren im Laufe der verschiedenen
historischen Epochen verändert haben. Wir beginnen mit den Invasionen der
Barbaren, gehen durch das Mittelalter und kommen im 20. Jahrhundert an. Eine
wirklich faszinierende Reise.
Auch die Beschreibung der wichtigsten historischen
Ereignisse, die die Geschichte des europäischen Kontinents geprägt haben, ist
sehr treffend. Die Seiten über die Herkunft ihres Vaters und ihrer Mutter sind
wunderschön und sehr bewegend und enthalten Überlegungen zu den Auswirkungen,
die die unglücklichen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs auf ihre Kernfamilie
hatten. Und schließlich die unermessliche Dankbarkeit einer Tochter für die
empfangene Liebe und das beträchtliche kulturelle Erbe ihrer Familie, mit all
den Traditionen, die es zu respektieren und zu lieben gilt.
Ein autobiografischer Roman, der dem Erzähltrend der
sogenannten Memoiren folgt, die in der zeitgenössischen Verlagsszene großen
Erfolg haben. Ein Buch, das man lesen sollte, gerade weil es ein treffendes
Beispiel für den Wert der Erinnerung ist, die gepflegt und geliebt und vor
allem auf die einzig mögliche Weise bezeugt werden muss, damit sie nicht
verloren geht: nämlich durch das Schreiben. Am Ende ihrer sorgfältigen
Recherche gelingt es der Autorin, das fehlende Bindeglied in diesem unschätzbar
wertvollen kulturellen Erbe ihrer großen Familie zu finden.