Tuesday, October 4, 2022

Berg Alban


(Wien, 9.2.1885 - 24.12.1935)


Zunächst Autodidakt, einige Jahre gezwungen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, konnte er sich erst ab 1904 unter Anleitung seines Freundes und verehrten Lehrers Schönberg intensiv dem Studium der Komposition widmen.

Dem literarischen und bildnerischen Umfeld Wiens zu Beginn des Jahrhunderts sehr nahe, etablierte er sich bald als Komponist und entpuppte sich zusammen mit Webern als der interessanteste Musiker der jungen österreichischen Generation, die an der Schönbergschule ausgebildet wurde.

Nach Ableistung seines Militärdienstes konnte er sich wieder der Komposition widmen, ließ sich in Wien nieder und begann eine intensive Tätigkeit als Lehrer. Trotz der Erfolge, die er mit mehreren seiner Werke erzielte (vor allem bei Wozzeck), führte er ein alles andere als bequemes Leben und erlebte nach 1933, mit dem Wegfall der Hinrichtungen in Nazi-Deutschland, zwei Jahre wirklicher Armut Sterben aufgrund einer Infektion, die durch einen schlecht behandelten Abszess verursacht wurde.

Während seiner gesamten Produktion spürte Berg den Einfluss der besten deutschen Romantik, insbesondere von Brahms und Mahler. Aber schon in den allerersten Kompositionen treibt ihn die chromatische Spannung über die Grenzen der Tonalität hinaus, und er ist kaum fünfundzwanzig, als er die ersten atonalen Stücke schreibt. Seine Treue zur romantischen Tradition bleibt ihm bezeugt durch seine Vorliebe für dichte und leidenschaftliche Klänge, für die Verwendung typisch deutscher sinfonischer Formen (vom "Marsch" der 3 Stücke für Orchester op. 6 bis zum Walzer des Violinkonzerts), für die leuchtende Kantabilität seiner melodischen Linien (in denen nichts von der Webernschen Erschütterung oder der Schönberghschen Verzweiflung ist), schließlich für die nicht beiläufige Wiederkehr tonaler Reminiszenzen. Das am meisten "gedrängte" Werk in Richtung Spracherneuerung war zweifellos die Lyrische Suite für Streichquartett, eine paradigmatische Komposition für den Expressionismus der Wiener Schule und für die revolutionäre Konzeption der Technik des Streichinstruments. In der Musikgeschichte unseres Jahrhunderts bleibt Berg aber vor allem durch seine beiden Dramen (von denen das zweite leider unvollendet blieb), Wozzeck und Lulu, die dem Komponisten unserer Zeit neue Wege von unglaublichem Reichtum weisen. Auch in der Instrumentalmusik hat Berg unsterbliche Kompositionen hinterlassen: Als typischer Vertreter des Wiener Expressionismus verleiht Berg einer ganzen Ära der modernen Zivilisation, so voller Lehren und Lebenskeime für die Zukunft, Atem und universellen Wert.

Heute ist seine Inszenierung weltweit in das Opern- und Symphonierepertoire eingegangen: Neben Schönberg und Webern ist er dazu bestimmt, einer der größten Musiker unseres Jahrhunderts zu bleiben.


Das Kammerkonzert war zehn Jahre zuvor geschrieben und vollendet worden. Am 9. Februar 1925 gab Berg in Schönberg seinen Abschluß mit folgenden Worten bekannt: "Die Komposition dieses Konzertes, das ich Ihnen anlässlich Ihres fünfzigsten Geburtstages gewidmet habe, ist erst heute, in meinem vierzigsten, fertig geworden. Verspätet geliefert, nehmen Sie es bitte jedoch mit Freundlichkeit an; zumal es – von Anfang an für Sie konzipiert – auch ein kleines Denkmal einer zwanzigjährigen Freundschaft geworden ist. In einem im ersten Satz vorausgesetzten musikalischen Motto sind die Buchstaben Ihres Namens, des Anton Weberns und meines Namens (soweit mit Notenschrift möglich) in drei Themen oder Motiven fixiert, die eine wichtige Rolle in der melodischen Entwicklung spielen dieser Musik. Wenn wir damit bereits eine Dreieinigkeit von Ereignissen erwähnt haben, so dominiert ebenfalls eine Dreifaltigkeit (da du Geburtstag hast und die schönen Dinge, die ich dir wünsche, drei sind) das ganze Werk."

Dieser berühmte Brief enthält eine vollständige Analyse des Kammerkonzerts. Bereits die ersten Worte lassen erahnen, dass eine Suche nach der Einheit in der Vielheit, ähnlich der Weberns, Berg beseelt hatte. Insbesondere sind die drei Bewegungen in einer vereint. Die verwendeten Instrumente sind von dreifacher Ordnung (Keyboard, Streicher, Blasinstrumente).


Formal dominiert stets die Drei und ihre Vielfachen: Im Kopfsatz Thema Scherz mit Variationen wird der Grundgedanke sechsmal wiederholt und "als dreigliedriges Variationsthema in dreißig Takten" präsentiert. Die verschiedenen Kanonformen, die Berg dort anwendet, mögen an Weberns "Pfade des Pfluges" erinnern. Der zweite Satz ist ein dreiteiliges Lied, während das dritte, rhythmische Rondò mit Einleitung (die Einleitung ist eine Kadenz für Klavier und Violine) eine Kontamination der vorangegangenen Sätze ist. Die "Trinität" manifestiert sich für Berg wieder im rhythmischen Sinne und im harmonischen Bereich. Berg scherzhaft: "Durch die öffentliche Bekanntmachung dieser Kompositionsverfahren wird mein Ruhm als Mathematiker im gleichen Verhältnis zunehmen, wie mein Ruhm als Komponist im Quadrat mit der Entfernung abnehmen wird."

Doch der letzte Teil des Briefes behauptet genau das, was jenseits perfekter Symmetrien liegt: "Wenn man wüsste, wie viel Freundschaft, wie viel Liebe und welche Welt menschlicher und emotionaler Beziehungen ich um diese drei Zeiten heimlich gewoben habe, die Anhänger der Programmmusik (if es gab noch welche) etwas zu jubeln hätten und die Parteigänger und Vertreter des "Neoklassizismus", des "Neuen Objektivismus", des "Linearen" und der "Physiologen", des "Kontrapunkts" und des "Formalismus" empörten durch diese "romantische" Tendenz, wenn ich ihnen nicht gleichzeitig offenbarte, dass auch sie finden können, was sie wollen, wenn sie bereit sind zu suchen".